Die Oper "ALMA"

(Eintailige Oper - Inhalt)


Die Oper „Alma“ wird mit eine Ouvertüre (4.Teil der Sinfonie “Sarajevo“) eröffnet. Diesezeigt das Sarajevo der dreißiger Jahre (zwischen den zwei Weltkriegen) mit allenUnterschieden, dennoch sehr vielfältig verbunden.

Thema der Ouvertüre, das Volkslied „Meine Liebste, meine Teuerste“ (sevdalinka)* mitRedensarten aus der bosnisch-herzegowinischen Sprache, die ihren Ursprung in vergangenentürkischen Ausdrücken findet, wird weiter als eines der Leitmotive der Oper verwendet.

Der Libretto selbst basiert auf der Geschichte über Herrn Alibeg und seine Tochter Alma, diein der Abdesthana Straße lebten, nicht weit von Alibeg‘s Werkstatt, die in derKazandžiluk**Straße lag.

Da Traditionen von einer Generation zur Nächsten weiterzuvererben, hatte auch Herr Alibegvor; er wollte seiner einzigen Tochter sein Handwerk zu lehren, damit sie diese Traditionweiterführen könne. Das Handwerk des „Kazandžiluk“ ist eine grenzenlose Kunst. Alma, diesehr talentiert war, stellte schon von Kindesbeinen an verschiedenartige Kupfergegenständeher, die gleichzeitig ein geschütztes Zeichen des Ladengeschäftes waren. Sie gehörte zu einerneuen Generation und konnte sich nur schwer mit den alten traditionellen Stilen derBaščaršija anfreunden, die Herr Alibeg vertrat. Tagein, tagaus stellte er immer dieselbenDinge her - er stellte schon seit Jahren, um nicht zu sagen seit er denken kann, immerdasselbe her – Kannen (džezve), Tassen (fildžane), Krüge (ibrike) und Platten. (tepsije).Doch Alma hatte ihn schon seit langem in der Fertigung übertroffen. Leider stand sie, da sieoft von dem abwich, was ihr Vater ihr beibrachte, meistens unter seiner Aufsicht. Der strengeAlibeg, ein großer, aber dickköpfiger Meister, wollte keine neuen Stilrichtungen. Er hielt sturan den alten Traditionen fest. Der Wahrheit zu Liebe sei bemerkt, dass Alma immereigenwillige Ideen hatte, die nur sie verstehen konnte. Sie versuchte sie immer dannauszuführen, wenn Alibeg nicht im Laden war. Das waren seltene Momente. In der Regel saßer in der benachbarten Gaststätte, wo er sich mit seinen Freunden zum Reden undKaffeetrinken traf. Er hielt sich nie lange dort auf wegen der großen, doch auch übertriebenenSorge um sein einziges Kind. Seine Frau starb, als Alma gerade vier Monate alt war.

Zu der Zeit fanden in der Sarajevo die Kultur- und Kunsttage statt. Almas Schule organisiertedort auch verschiedene kulturelle Veranstaltungen. Eine dieser Veranstaltungen war einAusflug von Almas Klasse in das Staatstheater zu einer Ballett-Vorstellung; außerdem gab eseine Ausschreibung für die beste künstlerische Arbeit auf der Schule. In der ganzen Baščaršijawurde davon geredet. Alle waren aufgeregt und neugierig.

* Sevdalinka beschreibt den einzigartigen Stil der Volksmusik in Bosnien Herzegowina. In einigen Fällen nennt man die Sevdalinka einfachSevdah. Das Wort Sevdalinka hat seinen Ursprung im arabischen Wort „sawda“, was so viel heißt wie „schwarze Galle“ und in dertürkischen Sprache wird dieser Begriff mit einer melancholischen Stimmung in Verbindung gebracht, was diesem Wort in der BosnischenSprache wiederum die Bedeutung von Sehnsucht, Liebesglut, Liebeskummer .... gibt.

**Kazandžiluk ist eine der ältesten Straßen in der Baščaršija, (Altstadt Sarajevo) in der traditionelle Gegenstände aus Kupfer unterZuhilfenahme besonderer „Filigran“-Techniken hergestellt und verkauft werden. Dieses Handwerk wird seit dem XVI Jahrhundert vonGeneration zu Generation weitergegeben, und die Straßen im alten Teil der Stadt haben den Namen des jeweiligen Handwerks.

Geprägt von den Eindrücken der Ballett-Aufführung war Alma neu inspiriert. Es war zugleichder erste Kontakt in ihrem Leben mit einer solchen Kunst. Der begeisternde Höhepunkt wareine Prima-Ballerina, die sie ansah, als wäre sie ihre Zwillingsschwester. Die Bewegungender Ballerina beeindruckten Alma, und deshalb erschien sie ihr in derselben Nacht im Traum.Am nächsten Morgen fand sie sich allein im Laden ihres Vaters und begann speziell für denSchul-Wettbewerb eine Kanne herzustellen. Sie wählte eine Kanne, aber es war nicht ihreWahl, sondern der Wunsch ihres Vaters.Umringt von altertümlichen Kupfergegenständen begann sie lustlos die Ausarbeitung derKanne. Sie hatte nichts gegen die altertümliche Stilrichtung ihres Vaters, die sie schon vonKindesbeinen an lernte und der sie folgte. Doch sie wollte auch manchmal ihrer eigenenKreativität, die aus ihr herausquoll, eine Chance geben. Ihr Vater lehrte und lehrt sie auchheute noch, dass sie seinen Anweisungen mit einer maximalen Ernsthaftigkeit nachkommt,und sie beherrschte mittlerweile die altertümliche Technik nahezu perfekt. Aber dieses Malwar alles anders. Es entstand ein Bildnis, das an alles erinnerte, nur nicht an die klassischenArbeiten ihres Vaters.

Die Hände stachen, aber ihr Herz und ihre Gedanken waren immer noch auf der Bühne, aufder vorabendlichen Vorführung und bei ihrem Traum. Rhythmisch stechend, ohnmächtig undohne Kontrolle, formten ihre Hände etwas ganz neues. Ihre Phantasie und ihre Gedankenbeeinflussten das Kupferstechen. Sie gab sich ganz dem Rhythmus der Sevdah hin und formtesich eine wunderschöne Ballerina. Sie gab ihr den Namen „Elma“ und nahm sie alsZwillingsschwester an. Von diesem Moment an wurde die Figur der Ballerina ihre Obsession.Sie begann immer häufiger mit ihr zu reden und vertraute ihr die geheimsten Wünsche undTräume an.Es kam der Tag an dem die Kunstarbeiten abgegeben werden mussten. Da die Baščaršija dieWiege vieler Handwerke ist, waren auch andere Schüler mit schönen und interessantenArbeiten aus Gold, Silber und mit kunstvollen Bildern erschienen. Alma war daher wederetwas besonderes, noch die einzige, die aus einer Familie stammte, in der die traditionelleHandwerkskunst gepflegt wurde. Viele der Kinder hatten schon von Kindesbeinen an dieHandwerke ihrer Vorfahren erlernt. Alle hatten ihre Arbeiten bereits abgegeben. Man wartetenur noch auf Alma. Voller Angst, unsicher und unentschlossen, holte Alma mit langsamenBewegungen ihre Ballerina aus der Tasche. Viele waren verwundert, aber auch sehr neugierigdarauf.

In diesem Moment erschien Herr Alibeg und fragte, nicht ahnend, dass Alma die Arbeitenvertauscht hatte, ob die Präsentation beendet sei und wann die Resultate bekanntgegebenwürden. Die Augen schweiften kurz über die Arbeiten und er suchte die Kanne - sein Blickfiel auf die Kupfer-Figur, die ihm ein wenig bekannt vorkam. Er erinnerte sich, dass erkürzlich etwas Ähnliches auf Almas Arbeitsplatz gesehen hatte. Wahnsinnig vor Wut nahm erdie Kupfer-Puppe, warf Sie weg und beschädigte Sie dadurch. Alma, völlig erschrocken, sahmachtlos, ohne Tränen und Stimme, ihrer „Schwester“ Elma nach.

Ganz verwirrt, sammelte Alibeg automatisch die Puppenteile auf und verließ den Raum inRichtung seines Ladens. Offensichtlich erregt und wütend setzte er sich an seinenArbeitsplatz und schaute zu Almas Arbeitsplatz hinüber. Dann blickte er vorsichtig auf dieKupfer-Ballerina mit dem gebrochenen Bein, die er noch fest in der Hand gehalten hatte. Erstellte sie an den Rand von Almas Arbeitsplatz. Um sich zu beruhigen nahm er eine Kanne(džezva) und versuchte in seinen gewohnten Rhythmus zu kommen, der ihn entspannte undihm gleichzeitig geistigen Frieden gab. Jedoch umsonst. Er legte die Kanne zur Seite und sein3Blick fiel auf die Ballerina Elma mit dem gebrochenen Bein. Einen Moment lang erschien vorseinem geistigen Auge Alma – sein einziges Kind.

Seine Versuche, sich zu beruhigen, blieben erfolglos. Bei allem, was Herr Alibeg in die Handnahm, verspürte er ein schlechtes Gewissen gegenüber seiner Alma und ihrer Kupfer-Ballerina. Diese hatte auch Alibeg seiner Freiheit beraubt.

Zur gleichen Zeit fiel Alma, zu Hause angekommen, müde in einen tiefen, düsteren undungewissen Schlaf, wo die Ballerina Elma in ihrem Traum wieder auftaucht; Alma könnte ihraber nicht helfen. Doch plötzlich beruhigte sich alles überraschenderweise. Almas Traumwurde von einem Licht erfasst, das sie aus dem nächtlichen Zwang erweckte. Müde, dochaufgewühlt, ging sie in den Laden, um den alltäglichen Pflichten zu begegnen. Der Tag wareben erst erwacht und es zeigten sich langsam die ersten Sonnenstrahlen. Als sie den Ladenbetrat, sah sie ihren Vater. Er saß auf dem Stuhl und schlief, vor ihm lag die Ballerina - mitgeheiltem Bein. Sie war wie neu. Alma näherte sich ihrem Vater und umarmte ihn heftig. IhreUmarmung weckte den Vater, der nur aufschrie: „Meine Tochter Alma“.

Alma küsste ihn und begann, Verse für ihn zu singen, die er bis dahin noch nie gehört hatte.Sie waren berührend und voller Sevdah. Vor Almas Augen erschien gleichzeitig Elma mitdem geheilten Bein, lachend, genau so, wie Alma sie sich immer vorgestellt hatte.

Sollte man noch besonders betonen, dass Almas Kupfer-Ballerina in der Schule als Bestekünstlerische Arbeit bekanntgegeben wurde.....??

Die Moral von der Geschichte über Alma und Ihren Vater Alibeg ist die Erkenntnis, wozu Eltern aus Liebe zu Ihrem Kind in der Lage sind.

Autor: Jasmin Osmanagic
Deutsche Übersetzung: Sabina Nadj